Neues
aus der LES

Würde des Menschen im Mittelpunkt des Diskurses
Lesung zum Thema „Todesursache: Flucht“ im Rahmen der interkulturellen Woche 2021

Neuwied.

Die Zahl der Menschen, die vor Krieg, Konflikten und Verfolgung fliehen, war nach Angaben der UNO-Flüchtlingshilfe noch nie so hoch wie heute. Ende 2020 waren 82,4 Millionen Menschen auf der Flucht. Dies ist die höchste Zahl, die jemals von der UNHCR verzeichnet wurde und entspricht einem Prozent der Weltbevölkerung. In den vergangenen 25 Jahren sind weit mehr als 35.500 Menschen auf der Flucht nach und in Europa ums Leben gekommen. Tausende Menschen werden vermisst. Die Zahl der Toten und Vermissten können jedoch nur Schätzungen sein. Die genaue Zahl der Opfer wird für immer im Dunkeln bleiben. Die hohe Anzahl von Toten und Vermissten verdeutlicht jedoch, wie verzweifelt die Menschen sind, die ihr Leben bei einer Flucht über das Meer riskieren: Sie fürchten um ihr Leben. Sie suchen nach Schutz und einem Neuanfang. Sie sehen in ihrer Heimat oder den angrenzenden Nachbarländern keine Perspektive mehr – weder für sich, noch für ihre Kinder. Darum wagen sie die Flucht in seeuntauglichen Schlauchbooten und in den Händen skrupelloser Schlepper. Viele unter ihnen werden Opfer von Gewalt und Ausbeutung.[1]

Vor diesem Hintergrund lud die Ludwig-Erhard-Schule BBS Wirtschaft Neuwied als UNESCO-Projektschule am 01.10.2021 im Rahmen der Interkulturellen Wochen zur Lesung „Todes-ursache: Flucht“ ein. Hierbei stellten die Schülerinnen und Schüler des beruflichen Gymnasiums, der höheren Berufsfachschule und der Berufsfachschule 1, die im Rahmen des Projekts zusammenarbeiteten, kurze Portraits junger Menschen vor, die auf der Flucht verstorben sind. Die Grundlage dafür bildete das Buch „Todesursache: Flucht“ von Tanja Tuckermann und Kristina Milz (Hrsg.).

Dabei erinnerten die Schülerinnen und Schüler (Tea Nedic, Sina Schoroth, Justus Sartorius, Rabia Cakir, Ensahra Shkreta) u. a. an Ibrahim Jabuti aus Somalia. Er überlebte den Weg durch die Sahara sowie durch ein Schleppergefängnis in Libyen und ertrank dann im Alter von 19 Jahren im Mittelmeer. Auch die letzten Monate aus dem Leben Lamine Condehs (20) aus Sierra Leone, der in Passau an Leberkrebs starb, nachdem er monatelang nicht behandelt und zwischenzeitlich nach Italien abgeschoben wurde, bewegte das Publikum. Darüber hinaus wurde an Zaki Adams (25) aus dem Sudan erinnert. Zaki Adams, der die aufzehrende Flucht aus dem Westen des Sudans durch die libysche Wüste und über das Mittelmeer überstanden hatte, hielt der wahllosen Anwendung des hiesigen Asylrechts nicht stand und starb wohl an den Folgen eines unerkannten Herzfehlers. Vor allem das Schicksal des syrischen Jungen Alan Kurdi (verstorben im Alter von nur drei Jahren), dessen Bild zum Symbol der Flüchtlingskrise wurde, ließ das Publikum einen Moment den Atem anhalten. Die kurzen Portraits sollten einen Beitrag dazu leisten, „das Ausmaß dieser Tragödie besser zu fassen zu bekommen – und der Debatte um Flucht und Tod wieder ein menschliches Antlitz zu geben.“ (vgl. Angaben zum Buch „Todesursache: Flucht“).

Nachdem die kurzen Portraits große Betroffenheit ausgelöst hatten und noch einmal verdeutlicht wurde, dass mit jeder Zahl dramatische Einzelschicksale verbunden sind, war es den Moderatoren der Veranstaltung, Jannik Weber und Leo Koch (BGY 19), besonders wichtig, über die individuellen Eindrücke des Publikums ins Gespräch zu kommen und das emotionale Thema aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten. Zudem sollte ein hoffnungsvoller Ausblick in die Zukunft gegeben werden. Dafür wurde in einer abschließenden Reflexionsphase auf die Wünsche, Träume und Hoffnungen der im Publikum anwesenden Schülerinnen und Schüler in einer immer komplexer werdenden Welt eingegangen. Diese konnten sie in einer dafür vorbereiteten Reflexionsstation auch schriftlich festhalten.

Zum Abschluss bedankten sich die Moderatoren, die gekonnt durch die Veranstaltung führten, bei den teilnehmenden Schülerinnen und Schülern und warben noch einmal für Solidarität und Menschlichkeit. Leo Koch äußerte sich wie folgt: „Wir müssen aufwachen und den Menschen helfen. Wir dürfen nicht nur zusehen, sondern müssen aktiv werden. Wenn wir in dieser Lage wären, würden wir auch auf Hilfe hoffen.“ Auch die organisierenden Lehrkräfte der UNESCO-AG Julia Wilhelms, Franziska Helf, Sabine von Normann, Ann Sangmeister und Marcel Lauterbach zeigten sich von der Veranstaltung beeindruckt: „Wir danken den teilnehmenden Schülerinnen und Schülern für ihr Engagement. Es gab viele Momente, die zeigten, dass das Publikum emotional beteiligt war und dass Werte wie Toleranz, Gerechtigkeit und Menschenrechte unter den Jugendlichen einen hohen Stellenwert erfahren. Vor diesem Hintergrund freuen wir uns darauf, die entsprechenden Themen in der UNESCO-AG weiter zu vertiefen.“ Zudem sei hier deutlich geworden, dass der schulformübergreifende Ansatz einen Mehrwert in der pädagogischen Arbeit an der LES darstelle.


Collage Lesung IKW 2021

Ansprechpartner

M. Lauterbach

Lehrer

E-Mail: m.lauterbach@les-neuwied.de

J. Wilhelms

Lehrerin

E-Mail: j.wilhelms@les-neuwied.de